Die Tage habe ich ein altes Foto von mir wieder entdeckt. Erst nach ein wenig Grübeln kam ich wieder auf die schöne kleine Geschichte zum schönen kleinen Porträt.
Das Foto ist 1995 entstanden. Zu jener Zeit war ich in unserer gemeinsamen Heimatstadt Wuppertal öfters mit Tobias Zielony unterwegs, einmal hat er mich auch als „Model” für einen offiziellen Job gebucht. Seither hat sich Tobias einen internationalen Namen als Fotograf gemacht, dessen Leitmotiv jugendliche Randgruppen in aller Welt sind.
Damals steckten wir selber gerade irgendwo zwischen Zivildienst und Studium und fuhren in seinem alten eitergelben Opel Kadett durch die Gegend. Eines Tages erzählte er mir von einer Totenhalle in Bochum, die in der Nazi-Zeit entstanden war und die er gerne fotografieren wollte. Ich war sofort interessiert und stieg gleich in die Eiterbeule ein.
Soweit ich mich erinnern kann, war die Halle wirklich furchteinflößend, mit dicken, hohen Säulen aus pechschwarzem Marmor, akkuraten Reihen aus strengen Stühlen und so gar keinem sakralen Schmuck an den Wänden. Lediglich ein Kreuz hing am zentralen Pult, und das war tatsächlich aus silbern lackierter Pappe – ich schwöre es!
Während Tobias sein Stativ aufbaute und Aufnahmen machte, streifte ich durch die Halle und bewunderte die monströs-elegante Architektur. Schließlich stellte Tobias einen der schweren Stühle in den zentralen Gang und bat mich, Platz zu nehmen. So wurde ich zu einer der jugendlichen Randgruppen auf den tollen Fotos von Tobias Zielony.